Endlich was tun! Bundesweit protestieren Menschen gegen die AfD. Aber vielleicht ist die demokratische Mehrheit, für die sie stehen wollen, längst brüchig geworden.
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Und schließlich basiert selbst das zentrale Ziel, die deutsche Mehrheit für den Kampf gegen die AfD zu aktivieren, auf einer Annahme, die sich womöglich gar nicht (mehr) von selbst versteht. Dass nämlich die allermeisten Deutschen, wenn sie so richtig in Wallung sind und sich entscheiden müssen, schon auf der richtigen Seite landen werden. Dass sich in diesem Land, wenn es darauf ankommt, eine Mehrheit gegen Rassismus und Autoritarismus formieren wird – und nicht dafür.
Es stimmt schon: Im Vergleich zu vorherigen politischen Auseinandersetzungen ist das hier wohl der Ernstfall. Und vielleicht muss man, um nicht zu fatalistisch auf die nächsten Monate zu schauen, noch mal zurückkommen zum Anfang. Zur berauschenden Kraft der ersten Demos, zur sozialen Energie. Diese “entsteht in ihrer Verausgabung”, schreibt Rosa. Die Hoffnung wäre also, dass sich gerade aus der Größe der Herausforderung die Energie ergibt, die es braucht, um sie zu bewältigen.
Bemerkenswert ist, dass diese Dynamik gerade jetzt in Gang kommt. Die Correctiv-Enthüllung allein kann das nicht erklären, es muss längst ein Bedürfnis in den Menschen geschlummert haben, aktiv zu werden.
Ich empfinde die Umfragewerte in Thüringen als stärkeren Impuls als die Correctiv-Enthüllung und ich wohne nichtmal in Thüringen.
Brandenburg sieht genauso kritisch aus.
Bei mir ist’s ganz klar das “endlich kommt Bewegung in die Sache”. Ich bin ein faules Stück scheiße und bewege mich nicht ohne Beweggrund auf die Straße zum Protestieren, zumal ich bisher das Gefühl hatte, dass das eh nichts bringen wird. Jetzt ist das anders, endlich stehen die Menschen gegen diese verfickten Nazis auf und ich bin gerne Mitläufer.
Mir macht dieser generelle Trend dennoch Sorge. Ist ja nicht neu, dass die Leute in Köln oder Berlin mehrheitlich pro Vielfalt sind. Aber man muss dann eigentlich nur die in die Eifel oder nach Brandenburg gehen und sieht dort vielerorts das komplette Gegenteil. Das wird sich auch so schnell nicht ändern. Es müsste halt wirklich ein unermüdlicher Kampf gegen Rechts stattfinden. Parteien verbieten, Strukturen zerschlagen, die Grenze des sagbaren wieder verschieben. Das sehe ich aber irgendwie nicht als realistisch an.
Jetzt ist der perfekte Moment für linke und Antifaschistische Bewegungen, um neue Aktivisten zu rekrutieren. Die Menschen sind aufgewühlt und wollen etwas unternehmen. Jetzt sofort. Man muss denen nur noch anbieten in die Gruppe zu kommen. Überzeugungsarbeit ist nicht nötig, weil die ganzen Protestierenden eh schon wissen, was auf dem Spiel steht.
Bei uns im Bündnis haben wir bei der letzen Demo 34 neue Leute rekrutieren können. An einem Abend. So viel schaffen wir normalerweise in einem halben Jahr nicht. Ich denke auch das die meisten davon auch nach der Protestwelle bei uns aktiv bleiben werden.